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VBZ-Busfahrer Werner Huwiler

Mit 69 noch auf Tour

Werner Huwiler entdeckte seine Leidenschaft für Fahrzeuge mit Gummipneus schon als Kind. Als junger Mann beschloss er, seine Leidenschaft für bereifte Motorfahrzeuge zum Beruf zu machen, und blieb ihr bis heute treu. Obwohl der 69-Jährige aufgrund der regulären Pensionierung nicht mehr arbeiten müsste, fährt er weiter für die Verkehrsbetriebe Zürich.

Werner Huwiler lenkt einen Bus der Zürcher Verkehrsbetriebe durch Zürich Oerlikon.
Routiniert lenkt Werner Huwiler den Bus durch den Zürcher Stadtteil Oerlikon.

Text NICOLE BIELANDER
Fotos SIMONE GLOOR

Werner Huwiler entdeckte seine Leidenschaft für Fahrzeuge mit Gummipneus schon als Kind. Als junger Mann beschloss er, seine Leidenschaft für bereifte Motorfahrzeuge zum Beruf zu machen, und blieb ihr bis heute treu. Obwohl der 69-Jährige aufgrund der regulären Pensionierung nicht mehr arbeiten müsste, fährt er weiter für die Verkehrsbetriebe Zürich.

Jeden Tag umrunden die Fahrerinnen und Fahrer der VBZ auf einem Streckennetz von gut 500 Kilometern zweimal die Erde. An Werktagen sind über eine Million Fahrgäste mit den VBZ unterwegs.

Werner Huwiler ist einer dieser VBZ-Buschauffeure, ohne die in Zürich das Fortkommen ungleich schwerer wäre. Er steht vor der Kantine rechts vom Busdepot Hagenholz und redet mit einem ehemaligen Berufskollegen. Der Himmel ist grau an diesem Tag, ähnlich wie die umliegenden Hochhäuser. Werner Huwiler trägt seine dunkelblaue Dienstkleidung. Er ist ein drahtiger, nahezu zierlicher Mann, dem man eines so gar nicht ansieht: sein Alter. Werner Huwiler ist 69 Jahre alt und arbeitet seit über 30 Jahren bei den VBZ. Er ist heute bereits früh auf den Beinen, was ihm aber nichts ausmacht. «Ich mag besonders gerne Frühdienste, denn dann habe ich am Nachmittag Zeit für andere Hobbys», erklärt der leidenschaftliche Velofahrer.

Früher Dienst
Werner Huwiler wachte an diesem Morgen um 3.30 Uhr auf, 15 Minuten bevor der Wecker geklingelt hätte. Er widmet sich erst Dehnübungen und fährt mit seinem Auto zur Garage Hagenholz, denn um diese Uhrzeit verkehren hier noch keine Busse. Nach einer kurzen Inspektion des Dieselbusses nimmt er um 5.23 Uhr seinen Rundkurs auf der Linie 80 auf. Wieder einmal gibt es keine besonderen Vorkommnisse, auch keine nennenswerten Verspätungen wegen der morgendlichen Staus. «Staus gehören zum Job, die tun nicht mehr weh», frotzelt er. «Da sagt auch die Leitstelle nichts, wenn ein Bus ein paar Minuten verspätet ist.» Um 9.23 Uhr löst ihn ein Kollege an der Haltestelle Bahnhof Oerlikon ab. Werner Huwiler gönnt sich ein Frühstück im Migros-Restaurant vor dem Bahnhof, eines seiner festen Rituale, wenn es der Dienstplan erlaubt. Um 10.30 Uhr übernimmt er an der Haltestelle Oerlikon Sternen die Linie 61. Um 12.45 Uhr wird er an der Haltestelle Riedbach abgelöst.

Lange Liebe
Der gebürtige Zürcher chauffiert seit 1990 seine Fahrgäste im «Gummitram» von A nach B. So nannten Insider die VBZ-Busse früher scherzhaft, die seit 1927 den Trambetrieb bereicherten. Damals, als das eigenständige Unternehmen «Kraftwagenbetrieb der Städtischen Strassenbahn Zürich» hiess. 1935 wurde es in «Autobusbetrieb der Städtischen Strassenbahn Zürich» umbenannt, und seit 1978 transportieren die Buschauffeure ihre Passagiere auf der VBZ Züri-Linie der Verkehrsbetriebe Zürich ans Ziel.

Busfahrer Werner Huwiler steht neben dem Führerstand.

Werner Huwiler hatte ursprünglich Radio- und TV-Elektriker gelernt, später hatte er mit seiner Frau ein Taxiunternehmen. Er war 37 Jahre alt, als er zu den Verkehrsbetrieben Zürich wechselte. Dort absolvierte er bei vollem Lohn eine dreimonatige Ausbildung, bei der er auch lernte, Trolleybus zu fahren. Er blieb beim Busfahren, denn Tramfahren interessierte ihn nicht. «Mir haben einfach Pneufahrzeuge gefallen», erklärt Werner Huwiler.

Die Fahrt geht weiter
Nach fast 30 Jahren als Busfahrer stand der Zürcher vor seiner regulären Pension. Zu diesem Zeitpunkt waren gute und erfahrene Busfahrer und Busfahrerinnen gefragte Fachkräfte. Die VBZ hatten das Programm «66+», das nun auch 65-jährigen Mitarbeitenden die Möglichkeit bot, bis im Alter von 70 Jahren zu arbeiten. Somit beschloss Werner Huwiler mit 65, von diesem Angebot Gebrauch zu machen und über das Pensionsalter hinaus zu arbeiten. Am Anfang konnte er noch etwa ein Jahr lang zu 50 Prozent arbeiten, dann nur noch 40 Prozent. «Für mich ist es natürlich eine gute Sache, weiterarbeiten zu können», erklärt der 69-Jährige. Werner Huwiler ist bei den Verkehrsbetrieben Zürich eine gern gesehene Fachkraft. Der leidenschaftliche Velofahrer könnte seine Pension, ohne zu arbeiten, nun geniessen, aber er fährt noch immer mit grosser Freude Bus. Für die VBZ sind Busfahrer wie Werner Huwiler, die über das reguläre Pensionsalter hinaus arbeiten, ein Gewinn. Denn beim aktuellen Fachkräftemangel sind gute und erfahrene Chauffeure schwer zu finden.

Endstation mit 70
An diesem grau verhangenen Tag beendet Werner Huwiler seine Schicht pünktlich um 12.45 Uhr. Der Tage war ein Tag wie jeder andere, keine Beschwerden oder Ähnliches. Die gab es nur einmal vor Jahren. Da hatte eine Frau behauptet, er sei zwei Minuten zu früh gefahren. Werner Huwiler wehrt sich gegen diesen Vorwurf. «Ich fahre nie zu früh weg.» Die Dame habe sich schriftlich beschweren wollen, was ihn aber nicht gestört hätte, da er sicher ist, wie er sagt, nicht zu früh loszufahren.

Bald muss sich Werner Huwiler nicht mehr um solche Vorwürfe kümmern. Denn nächstes Jahr wird er seinen 70. Geburtstag feiern dürfen, und dann ist Schluss mit dem Busfahren. «Ich fange dann nicht noch etwas Neues an», erklärt der Vater zweier Söhne. Allerdings, wenn die VBZ das Einsatzalter verlängern würden, würde er sich überlegen, weiterzumachen.

Busfahrer Werner Huwiler steigt aus dem Bus.

Anriss «blickwinkel» Frühling 2023.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Zeitschrift «blickwinkel», deren Frühlingsausgabe 2023 sich dem Thema Fachkräfte und Fachwissen widmet.
Die Zeitschrift «blickwinkel» erscheint jeweils im Mai und November. Jede Ausgabe konzentriert sich auf ein facettenreiches Thema und beleuchtet es aus unterschiedlichsten Perspektiven.
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