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«Breaking Bad»: Top-Serie mit Suchtfaktor

Die zwei Gesichter des Walter White

In fünf Staffeln zeigt «Breaking Bad» die Verwandlung vom machtlosen Chemielehrer Walt hin zum machtsüchtigen Meth-Koch Heisenberg: Dabei spricht die Serie aus der Feder des Produzenten Vince Gilligan jeden an, der Freude an durchdachten Charakterkonstellationen und Handlungsabläufen hat.

Die Hauptcharaktere Jesse (links) und Walt von «Breaking Bad».

Text MICHAEL ERBAN

Als 2008 die Pilotfolge von «Breaking Bad» auf AMC ausgestrahlt wurde, erkannten eingefleischte Serienkenner schon früh das Potenzial dieser Serie aus der Feder des Drehbuchautors Vince Gilligan.

Der hochgradig überqualifizierte Highschool-Chemielehrer Walter White (gespielt von Bryan Cranston) ist nicht auf Rosen gebettet. Seine dominierende Ehefrau Skyler (Anna Gunn) serviert ihm zum 50. Geburtstag cholesterinfreien Frühstücksspeck. Sein an Kinderlähmung leidender Sohn Walt Junior (RJ Mitte) geht an Krücken, hat Mühe zu sprechen und sträubt sich gegen die umfassende Behütung durch die Eltern. Das Geld der Familie reicht hinten und vorne nicht. Zudem ist ein ungeplantes Kind unterwegs. So muss der promovierte Chemiker nach seinen Lektionen die Luxusautos seiner Schüler als Nebenjob in einer Waschstrasse waschen. Als wäre das nicht genug, entdecken die Ärzte bei Walt einen inoperablen Lungenkrebs. Die Diagnose stellt sein Leben auf den Kopf. Um aus der finanziellen Krise zu kommen, plant Walt, die synthetische Droge Crystal Meth herzustellen. Zuerst will er damit nur seine Behandlungskosten decken, dann seiner Familie auch noch ein finanzielles Kissen hinterlassen. Schlussendlich ist der finanzielle Anreiz aber nebensächlich. Die Gier nach Macht nimmt überhand.

Vom Highschool-Lehrer zum Drogenboss
Schon am Ende der ersten Folge erkennt der Zuschauer den Protagonisten kaum wieder: Walt beginnt mit seinem ehemaligen Highschool-Schüler, Gelegenheitskriminellen und Drogenkonsumenten Jesse Pinkman (Aaron Paul), das reinste Crystal Meth auf dem Drogenmarkt zu produzieren, und tötet zwei Dealer. Mit seiner Intelligenz, seinem fundierten Chemiewissen und wachsender Skrupellosigkeit manövriert sich Walt gemeinsam mit seinem Komplizen immer tiefer in die kriminelle Unterwelt. Im Milieu ist er bald als Heisenberg bekannt, und der Ruf seines hochwertigen Meth erreicht bald das Drogenkartell. Walts anfänglich selbstloses Motiv wird sukzessive von einem selbstsüchtigen ersetzt: Sein zweites Ich Heisenberg übernimmt fortan mit stereotypem Hut und Brille immer mehr die Kontrolle. Obschon Walt seine Moral nie völlig verliert und damit einen inneren Konflikt mit sich selbst austrägt.

Trailer zu «Breaking Bad». (Video: AMC)

Dramatik gepaart mit schwarzem Humor
Vince Gilligan bindet den Zuschauer mit Mitleid und Sympathie an den an Krebs erkrankten Hauptcharakter. Selbst dann noch, als White immer brutaler wird und wenig mit dem Walt der ersten Folge zu tun hat. Der Zuschauer kann die Handlungen nachvollziehen, denn er erfährt laufend Bruchstücke und Schlüsselszenen aus Walts Vergangenheit. Beim Handlungsverlauf setzt Gilligan nicht nur auf Dramatik und schwarzen Humor, sondern führt dem Zuschauer mit schonungsloser Ehrlichkeit den von Heisenbergs Entscheidungen ausgehenden Schmetterlingseffekt vor Augen. Bryan Cranston, bekannt als Familienvater aus der Erfolgsserie «Malcolm mittendrin», bringt dabei die Zerrissenheit des Protagonisten treffend zur Geltung. Wer über fünf Staffeln eine schauspielerische Meisterleistung gepaart mit klugen Charakteren und einer intelligenten Handlung sehen will, wird mit «Breaking Bad» definitiv auf seine Kosten kommen.

Vince Gilligan, Drehbuchautor und Produzent von Vince Gilligan, geboren 1967 in Virginia, absolvierte den Bachelor of Fine Arts in Filmproduktion an der Filmschule der New York University. Von 2008 bis 2013 produzierte Gilligan für den Sender AMC die Serie «Breaking Bad», welche 2014 den Emmy für die beste Dramaserie erhielt.