Brandão Faber Hunger – «Ich liebe Dich»
Ode an die Liebe
Liebe und Nähe statt Kälte und Distanz. Das Trio Brandão Faber Hunger wirbt für mehr Wärme und Geborgenheit. Auf dass wir leichter miteinander fallen.
Album-Cover «Ich liebe dich», Two Gentlemen
Text PATRIZIA KELLER
Blühende Lavendelfelder im goldenen Sonnenuntergang, vom Lavendel geschwängerte Luft, nur vom Zirpen der Zikaden durchdrungen. Dieses Gefühl wecken Dino Brandão, Faber und Sophie Hunger in ihrem ersten gemeinsamen Studioalbum. Im Zentrum ihres Schaffens steht die Liebe; auch da in der schweizerdeutschen Musiktradition der Satz «Ich liebe Dich» kaum aufzufinden ist. So beinhaltet das gleichnamige Album gleich drei Lieder mit diesem Titel; eines von Dino, eines von Faber und eines von Sophie. Mit einem Plädoyer für eine Welt, in der die Liebe einen festen Platz einnimmt und die Verletzlichkeit triumphiert, stellt sich das Trio der Kälte und Distanz entgegen.
Melancholisch unsexy
Ihrem dramatisch-romantischen Musikstil bleiben die drei treu. Einige Stücke verbreiten Pianobar-Feeling, und «E Nacht a de Langstrass» bringt etwas Lateinamerika nach Zürich und in unsere Stuben. Alles immer sehr geschmeidig und honigsüss, bisweilen sogar mit einer zähen Schwere, dennoch zerbrechlich.
Die Texte präsentieren sich gewohnt selbstironisch und gesellschaftskritisch, da und dort auch unsexy. «Ich chiise us Sehnsucht ufs Chiis vorem Xenix» (Hoffnigslos Hoffnigslos) zählt nicht unbedingt zu den typischen Aussagen eines Liebeslieds. Wer schmachtende Zeilen erwartet, wird von diesem Trio enttäuscht. Denn es verliert den Blick für die echten Gefühle nicht. So ist Brandão im Trennungssong «Euse Rosegarte» auch schon mal «hässig», und Hunger singt in «Dr Hunger wird schlimmer»: «D Angscht chläbt mir no am Gnick, dass es sie gar nöd git, d Liebi woni wett.»
Gegensätze ziehen an, Gemeinsamkeiten verbinden
Obwohl die Interpreten in einem ähnlichen Genre anzusiedeln sind, könnten ihre Stimmen kaum unterschiedlicher sein. Brandão mit seinen Höhen und einer Kopfstimme, die in seiner Version von «Ich liebe Dich» Herzschmerz und Verzweiflung ertönen lässt. Faber rau und kratzbürstig, dennoch tief ergreifend, und Hunger sanft und zart. Die unterschiedlichen Stimmen greifen gut ineinander und schaffen etwas Neues.
Die Spannung zwischen fast schon pathetischen Melodien und authentischen Texten trägt die unverkennbaren Handschriften der Liedermacherin und der Liedermacher.
Ein Album, das die Zerreissproben der Gegenwart widerspiegelt, über die Distanz in Coronazeiten hinwegtröstet, Mut zur Verletzlichkeit vorlebt und das Prinzip der Hingabe verteidigt.